Heike Schröder lebt mit ihrem Mann und ihrer Hündin in Ellerau. Hier hat die gebürtige Westfalin ihre Wahlheimat gefunden. Ihren Wohnort hat sie über viele Jahre durch ihr Engagement mitgeprägt. Foto und Bericht Janina Schmidt
Heike Schröder ist SoVD-Vorsitzende, ehrenamtliche Sozialberaterin, organisiert Theaterfahrten … und hat im Computer-Geschäftshaushalt fünf Kinder großgezogen
Sie sind präsent in Quickborn und dem Umland, stehen auf der Bühne, engagieren sich für das Gemeinwohl und begegnen uns dort, wo wir einkaufen, den Feierabend oder die Freizeit verbringen. Diese Menschen gehören auf besondere Weise zu uns, sie sind Teil unseres Lebens und uns vertraut. Trotzdem wissen wir nur wenig über sie. In unserer Serie „Gesichter der Region“ erzählen sie uns ihre Geschichten. Heute: Heike Schröder vom SoVD Ortsverband Quickborn und Ellerau.
Janina Schmidt Manche Menschen schaffen so viel, dass man meinen könnte, ihr Tag hätte mehr als 24 Stunden. Heike Schröder ist so ein Phänomen. Die Vorsitzende des SoVD Ortsverbands Quickborn und Ellerau hatte in ihrem Leben nicht nur diverse Berufe, sondern zog auch noch fünf Kinder groß. Sie kämpfte erfolgreich gegen eine Krebserkrankung und gründete in Quickborn ihren Theater- und Konzertbus, der regelmäßig mehr als 100 Theaterfreunde zu ausgewählten Veranstaltungen in die Hansestadt fährt.
Gebürtig stammt Schröder aus Karmen (Nordrhein-Westfalen), wo sie sich zum Industriekaufmann ausbilden ließ. „Damals nannte man es noch Kaufmann, und mich hat das nie gestört“, sagt sie. Die Ausbildung sei allerdings eine Notlösung gewesen – eigentlich wollte sie Mathe und Physik studieren. Ihr Lehrer habe diesen Wunsch unterstützt, ihre Eltern allerdings nicht. Ein Studium könne man sich nicht leisten, habe es geheißen. Auch die Überzeugungsversuche ihres Lehrers blieben ungehört. „Vielleicht habe ich deswegen beruflich immer wieder neue Herausforderungen gesucht, weil mir immer etwas gefehlt hat“, überlegt sie im Rückblick.
Ihrem Mann folgend, zog sie später nach Ellerau. Seit 43 Jahren lebt sie dort nun im selben Haus, ist dort verwurzelt. „Schleswig-Holstein ist mein Land“, schwärmt sie. „Die Menschen sind ehrlich und verlässlich.“ Und die gute Luft weiß sie zu schätzen. „In NRW waren viele Zechen ansässig. Die Luft war nicht so sauber“, erinnert sich Schröder.
Im Norden begann sie ein neues berufliches Leben, ließ sich zur staatlich geprüften Sekretärin ausbilden und arbeitete im UKE. Später begann sie eine Fachlehrerausbildung zum Maschinenschreiben und arbeitete in Norderstedt an der Kreisberufsschule, bekam 1980 ihren ersten Sohn. Nebenbei dozierte sie an der Volkshochschule. 1983 beschloss ihr Mann, sich mit der Firma NordComp selbstständig zu machen. „Ich brauche dich“, sagte er ihr. Und sie stieg nicht nur mit ein, sondern sattelte gleich noch eine Qualifikation obendrauf: Damit der Betrieb ausbilden konnte, machte sie eine Ausbildereignungsprüfung.
Neben ihrem beruflichen Engagement war Schröder auch leidenschaftlich Mutter. „Ich habe mich in den Schwangerschaften unheimlich wohl gefühlt“, sagt sie. Sie habe ihre Kinder alle bis zum dritten Lebensjahr zuhause betreut, dann erst kamen sie in den Kindergarten. Ihre Fortbildungen und Studien machte sie nachts. Erst die Geburt der Zwillinge brachte sie an ihre Grenzen: „Da hätte ich mich teilen müssen.“ Es gab Zeiten, in denen sie Kinder in sämtlichen Institutionen hatte: Kita, Vorschule, Grundschule, Gymnasium. „Ich wusste gar nicht mehr, zu welchem Elternabend ich zuerst gehen sollte“, erinnert sie sich lachend.
Mit dem Theater- und Konzertbus hat Schröder vor 16 Jahren ihr, wie sie sagt „größtes Hobby gefunden“. In Kooperation mit der Hamburger Volksbühne sucht sie je drei Konzert- und Theaterveranstaltungen pro Halbjahr aus, zu denen sie mit Bussen von Quickborn und Ellerau ausfährt. Die Mitfahrer buchen das Komplettpaket. Schröders Mission dabei ist, Menschen niveauvolle Unterhaltungsmöglichkeiten zu bieten, die den Weg allein nicht auf sich nehmen würden. „Außerdem tauscht man sich hinterher darüber aus, hat Gesprächsstoff. So ist das ein runder Abend“, sagt Schröder. Was sie besonders freut: „Selbst, wenn eine Veranstaltung meinen Stammgästen mal nicht so gut gefallen hat, betrachten sie den Abend nicht als verloren, sondern als interessante Auseinandersetzung. Diese Neugier zu wecken, ist toll.“
2016 musste Schröder gegen eine Krebserkrankung ankämpfen, zahlreiche Bestrahlungen über sich ergehen lassen. Zugleich hatte es in der Firma einen großen Wasserschaden gegeben, sämtliche Geräte waren nass geworden. Die Bausubstanz der Betriebsräume musste überprüft werden. Schröder: „Meine Krankheit, unser Alter und dann noch der Schaden. Da haben wir beschlossen, die Firma aufzulösen.“
Schröder wurde wieder gesund. Erholte sich ein Jahr von der Krankheit. Aber dann wurde es ihr zu langweilig. „Immer nur auf den Bergdoktor warten, das ist nicht meins“, sagt sie lachend. Als sie auf dem Sommerfest des SoVD Ortsverbands vom damaligen Vorsitzenden Manfred Pöschel angesprochen wurde, ob sie seine Nachfolgerin werden wolle, bat sie sich Bedenkzeit aus, begleitete Pöschel zunächst und arbeitete sich ein. 2018 wurde sie dann einstimmig zur neuen Vorsitzenden gewählt.
„Die Arbeit beansprucht viele meiner Facetten“, sagt sie. „Es ist ein weites Feld.“ Außer für die 900 Mitglieder ist sie auch als Sozialberaterin tätig, organisiert Kaffeenachmittage, Ausfahrten und ist Mitglied im Kreisvorstand. Die Wichtigkeit des Verbands für die Gesellschaft bringt sie so auf den Punkt: „Der SoVD hilft, soziale Gerechtigkeit herzustellen.“
Umso mehr bedauert Schröder, dass sie Corona bedingt wenig persönlichen Kontakt zu den Mitgliedern hat. Viele vermissten die sozialen Treffpunkte. „Die Senioren leben in der Pandemie teilweise wie im Gefängnis“, weiß sie zu berichten. „Wir versuchen, am Telefon Mut und Trost zuzusprechen“, sagt Schröder. Wie so viele hofft sie sehnsüchtig auf eine Entspannung der Lage. Denn für ihre Theaterfreunde, die SoVD-Mitglieder und nicht zuletzt auch für sie selbst werde es höchste Zeit, ihre Tätigkeiten wieder aufzunehmen: „Sie geben mir ganz viel.“